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4.5.2024 : 13:24 : +0200

Gesche Gottfried

Gesine Margarethe Timm wurde 1785 in Bremen geboren. Sie entstammte bescheidenen Verhältnissen, der Vater war Schneider, die Mutter Wollnäherin. Erst durch ihre Heirat 1806 mit dem Sattlermeister Johann Miltenberg aus der vornehmen Pelzerstraße gelang der inzwischen 21jährigen der Aufstieg in gutbürgerliche Verhältnisse. Die Ehe - nicht zuletzt auf Betreiben der Eltern Gesches arrangiert - war nicht glücklich: Der junge Miltenberg trank, führte ein "liederliches Leben in Kneipen und Bordellen" und brachte so das väterliche Vermögen durch … Am 1. Oktober 1813 vergiftete Gesche ihren Ehemann. Zwei Jahre später fielen ihr gleich fünf Personen zum Opfer: am 2. Mai die Mutter, am 10. Mai die dreijährige Tochter Johanna, am 18. Mai die sechsjährige Tochter Adelheid, am 28. Juni der Vater Johann Timm und schließlich am 22. September der fünfjährige Sohn Heinrich. Die Bremer zeigten viel Mitleid mit der Witwe, die innerhalb weniger Monate ihre sämtlichen nächsten Angehörigen verloren hatte.

Inzwischen zeigte auch die schon lang andauernde Affäre mit dem Freund ihres Mannes, Michael Christoph Gottfried, Folgen: Gesche Gottfried wurde schwanger. Der Weinhändler Gottfried zögerte jedoch, die ihm unheimlich gewordene Frau zu heiraten. Sie gab ihm mehrmals Gift, pflegte ihn liebevoll und er ehelichte sie auf dem Totenbett. Am 5. Juli 1817 starb, das siebte Mordopfer. (Dr. Dieter Fricke)

„Für keinen dieser Morde und die nicht-tödlichen Giftgaben konnte sie ein schlüssiges Motiv nennen. Mehr als deutlich zeigte sich, dass Gesche Gottfried eine psychisch kranke Frau war. Die Richter allerdings lehnten diese Sichtweise ab. Ebenso wurde eine Mitverantwortung ihrer Gesellschaft, des Bremer Bürgertums, nicht nachgegangen: Die Warnungen vor Gesche Gottfried und ihrem Unglückshaus, in dem Krankheit, Sichtum und Tod regierten, wurden jahrelang nicht ernst genommen, sie wurde als Stadtgeschwätz abgetan, die katastrophalen Fehldiagnosen der Bremer Ärzte verschleiert.“

(Peer Meter/Barbara Yelin: Gift, 2010)


"Eine Charakteristik Gesche Gottfrieds zu geben, scheint mir bis jetzt eine Aufgabe, die ans Unmögliche grenzt. Ein Weib, was Kranke pflegt, Arme speist, dem Geben und Nehmen, ich möchte sagen, zum Bedürfnis geworden, und die doch ihre Freundinnen vergiftet; was über ein Wort von Goethe weint und ihre Kinder ermordet. Ein Weib, was einer Liebe fähig ist in solchem Maße, dass sie ihr das Leben der nächsten Angehörigen zum Opfer bringt, und die dann eben diesem Gegenstand ihrer Liebe die Giftschale reicht, und an seinem Sterbelager mit Tränen die Haare sich zerrauft, über die Härte des Geschicks, das so viel Härte auflegt. Ein Weib, was die Hand eines achtungswürdigen Mannes ausschlägt, indem sie ihm selbst erklärte, er sei ein zu guter Mensch für sie, die heute ihren Vater fälschlich als Mörder anklagt und morgen vielleicht mit ängstlicher Sorgfalt strebt, dass jeder üble Schein von einem Dritten genommen werde, und sie allein als die Schuldige erscheine, die heute stiehlt, was sie morgen verschenkt, und tausend andere rätselhafte Erscheinungen mehr an sich trägt. Wer kann es wagen, ihren Charakter zu schildern?"

(Senator Droste, der das Verfahren gegen Gesche Gottfried leitete)

 

weiterführende Literatur:

Peer Meter: Gesche Gottfried. Eine Bremer Tragödie. Edition Temmen 2010

Leben und Tod

Gesche Gottfried vergiftete von 1813 bis 1827 fünfzehn Menschen, darunter ihre Eltern, Kinder und Ehemänner. Mindestens neunzehn weiteren Personen gab sie von 1823 bis 1828 wiederholt Gift in nicht-tödlicher Dosis. 1828 wurde sie verhaftet, 1831 in Bremen öffentlich durch das Schwert hingerichtet.


Unser Bild zeigt den sogenannten Spuckstein auf dem Bremer Domshof, der von Unbekannten an der Stelle, an der Gesches Schafott stand, gesetzt wurde. Bis heute ist es üblich, darauf zu spucken (Foto: unbekannt).