SerienmörderInnen
Jürgen Bartsch
Jürgen Bartsch ermordete zwischen 1962 und 1966 vier Kinder.
Karl-Heinz Sadrozinski wurde 1946 als nichteheliches Kind in Essen geboren. Seine Mutter starb kurz nach seiner Geburt. Die ersten elf Monate seines Lebens verbrachte er in den Händen von Krankenschwestern, bis er von der kinderlosen Fleischerfrau Bartsch und ihrem Ehemann adoptiert wurde. Von nun an hieß er Jürgen Bartsch. Als Kind durfte er sich nicht schmutzig machen, nicht mit anderen spielen und wurde noch als 19jähriger von seiner Adoptivmutter in der Badewanne gewaschen. Auch züchtigte sie ihn körperlich. Er besuchte ein katholisches Internat, wo er von dem dortigen Erzieher Pater Gerhard Pütz sexuell missbraucht wurde. Zweimal versuchte er aus dem Heim zu fliehen.
1966 ging Bartsch auf eine Kirmes nach Essen-Schonnebeck. Dort sprach er den 11jährigen Manfred Graßmann an. Unter dem Vorwand, einen Schatz zu suchen, lockt er ihn in einen alten Luftschutzbunker. Dort angekommen, nahm Bartsch sexuelle Handlungen an seinem Opfer vor, erschlug ihn und zerstückelt die Leiche.
Im Luftschutzbunker fand man später die Überreste von 4 Kinderleichen. Es waren der 12jährige Ulrich Kahlweiß, der 13jährige Rudolf Fuchs, der 8jährige Klaus Jung und der 11jährige Manfred Graßmann.
Bartsch wurde in erster Instanz vom Landgericht Wuppertal zu einer lebenslänglichen Zuchthausstrafe verurteilt. Gerichtliche Gutachten hatten ihn für zurechnungsfähig erklärt. Nachdem Kritik am Verfahren laut geworden war, wurde das Urteil vom Bundesgerichtshof aufgehoben, und dann in 10 Jahre Jugendstrafe umgewandelt.
Jürgen Bartsch beantragte eine Kastration und starb 1976 im Landeskrankenhaus Eikelborn an den Folgen eines Narkosezwischenfalls.
Aus dem Gefängnis schreibt Jürgen Bartsch an Paul Moor:
„Vielleicht gibt es gar keinen Exhibitionisten, keinen Homosexuellen, keinen Pädophilisten „von Natur aus“. Vielleicht bleibt mancher einfach stehen auf einer Altersstufe, perplex, ernüchtert, enttäuscht, da er sieht, erkennt, als Kind schon, was er alles falsch machte, wie sehr es ihm daneben ging, und wie leicht und gut es doch die Anderen haben. Er lachte nie fröhlich mit ihnen, spielte nicht Schlagball mit ihnen, oder sie lachten ihn aus, er konnte nicht laufen, nicht so weit springen … Und wenn er keine Verbrecher wird, dieser Mann, dann wird doch unvermeidbar sein, dass in ihm der Wunsch heranreift, ohne dass er es vielleicht selbst bemerkt, und der eines Tages sein Leben beherrschen wird, ja, zerstören wird. Der irrsinnige, aber unbändige Wunsch, es zu wiederholen, es neu, es besser zu machen. Keinen Tag älter will er werden, innerlich, will ein Kind, will ein Junge bleiben, denn er sieht es doch Tag für Tag, er sieht es so klar, dass es weh tut, wie schön es ist, ein Junge zu sein, Freunde zu haben, mit ihnen schwimmen zu gehen, ... und er merkt nicht, wie gefährlich es für ihn wird, wie lebensgefährlich, dass er trotz seines „Lebenswunsches“ nie mehr wird ein Junge sein können... Denn auch das ist mir mit zum Verhängnis geworden, dass ich um keinen Preis erwachsen sein wollte, denn für mich wird es nichts Schöneres im Leben geben, als nochmal Junge zu sein, aber diesmal alles besser zu machen. Dass das immer ein Traum bleiben muss, weiss ich, aber irgendein Teufel in mir flüstert mir zu, das sei nicht allein meine Schuld. ...“
Paul Moor: Jürgen Bartsch: Opfer und Täter, Das Selbstbild eines Kindermörders in Briefen. Rowohlt 1972
Bild: unbekannt; aus wingedliberation.tumblr.com